Land Art, - Kunst aus Landschaft - wurde nicht erst in den 60er Jahren erfunden.
Die Earth Worker haben sich auf die frühen zivilisatorischen Zeichen von Erdwall bis zum Menhir, von aufgeschichteten Mauern bis zu Kulturtechnik des Feldbaus bezogen, als sie daran gingen, Landschaft als Material aufzufassen. Auch der erweiterte Skulpturbegriff Constantin Brancusis, der den Raum als potentielle Fortsetzung, etwa der "Endlosen Säule" im rumänischen Tirgu Jiu vorschlug, antizipierte das Konzept der Landschaft als Skulptur. Dann wäre da, unter vielen anderen, auch Bernard Rudofsky zu nennen, und sein Buch "Architecture without Architects", das von der Behausung der Menschen abseits der sogenannten Hochkulturen erzählt, vom Zusammenspiel von Natur und Kultur.
"Man kann Architektur als in symmetrische Ziegel gebrannte Erde auffassen" schrieb Peter Hutchinson 1968, "die in verschiedenen natürlichen Formen aufgerichtet wird. Heute wenden sich Künstler in diese Richtung, holen ihre Anregungen von Meteor- und Vulkankratern ebenso wie Dämmen, Grabhügeln, Aquädukten, Beestigungen und Wallgräben, um Werke zu bauen, die die Erdoberfläche verändern. "Peter Pilz's Skulptur für den Club an der Grenze ist in diesem weiten Feld, zwischen Naturwahrnehmung und Kunstbegriff angesiedelt. Claes Oldenburg ließ 1967 von zwei Totengräbern (auch Pilz hat Profis aus diesem Gewerbe engagiert) im Central Park ein zwei Meter tiefes Loch ausheben, das wieder zugeschüttet wurde und als "Invisible Sculpture" Oldenburgs Beitrag für ein Skulpturen Festival im öffentlichen Raum gewesen ist. Die Skulptur von Peter Pilz ist durchaus sichtbar. Aus dem Lehmaushub der Grube baut er das Negativvolumen als Positivform wieder auf. 200x200x80 cm mißt die gestampfte Lehmarbeit, ein minimalistisch stereometrischer Block, für den Form, Farbe und Komposition im klssischen Sinn eine wichtige Rolle spielt. Besonders schwierig, erzählt der Künstler, war es, die Wände der Grube ohne jene perspektivische Verzerrungen zu fotografieren, die sich durch die geringe Distanz, zwischen Objekt und Motiv kaum vermeiden ließen.
Die Fotos der unterirdischen Raumecken hat Pilz in die Ecken der Bar gehängt, wo sie gemeinsam mit einer Wand aus nassen Lehmziegeln ausgestellt sind Photo Markers nannte Robert Smithson seine Schnappschüsse von "Sites". Die Fotos von Sand, Kiesel oder Geröll brachte er an den Originalschauplatz zurück und re-fotografierte sie in der Landschaft: die natürliche Umgebung umrahmte etwas Künstliches, das Foto. Im Galerieraum passiert das Umgekehrte: durch die Organisation natürlicher Materialien im White Cube umrahmt der künstliche Galerieraum die dislozierte Natur, den Nonsite.Peter Pilz reproduziert sein Erdloch, ein gestaltetes Stück Natur, fotografisch im Ausstellungsraum und wiederholt darüberhinaus das Motiv der Mauer im Innenraum. Er spielt damit das konzeptuelle Spiel der Land Art mit ihren Displacements von Natur,
dem Abbild von Natur als Foto (oder Film) und der Dialektik von natürlich und künstlich.Angesichts der vorliegenden Arbeit könnte man Peter Pilz auch als einen Künstler bezeichnen, der seine Formen und sein Instrumentarium aus der Beschäftigung mit der Archäologie, der Architekturgeschichte und der Mininal Art entwickelt.
Die Ikonografie der Erdlöcher reicht von den unterirdischen Dörfern im chinesischen Löss über Lawrence Weiners mit weißer Farbe gefülltes Loch im Garten seines Ateliers bis zu Walter Pichlers Sitzgruben. "Die Schaufel ist stärker als der Pinsel" hieß es einmal in einer Ausstellungsrezension. Die im Vorgang des Schaufelns begründete Skulptur von Peter Pilz birgt also auch ein zeitliches, performatives Element in sich, und sie verneigt sich, mit der Materialreduktion auf eine elementare Substanz, vor dem Geist der Minimal Art.
Im Zentrum der Arbeit von Peter Pilz stehen jedoch weder formale Anliegen, wie etwa die Stereometrie, noch fundamentalistische Öko-Fragen. Das Thema scheint mir die Konzentration zu sein. Konzentration auf eine andere Intensität der Wahrnehmung.
(B.Huck)